Neubau der Abstellanlage für den Omnibusbetriebshof Stuttgart-Gaisburg

Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) wird die Abstellanlage auf ihrem Busbetriebshof im Stadtteil Stuttgart-Gaisburg wieder aufbauen. Die ehemalige Halle aus dem Jahr 1995/1996 war im Oktober 2021 aufgrund eines Defektes in einem elektrischen Bauteil abgebrannt. Die neue überdachte Fläche bietet etwa 120 bis 140 Bussen Platz. Der Entwurf für die Anlage stammt von schlaich bergermann partner.

Die künftige Abstellanlage besteht aus Gründen des Brandschutzes statt aus einem großflächigen Hallenkomplex aus zwölf einzelnen Modulen. Dabei liegen immer zwei Module nebeneinander und werden durch Brandwände mit ausreichendem Überstand in Längsrichtung getrennt. Zu den Seiten hin ist die Anlage durch Wände gegen die Witterung abgeschirmt. Das Dachtragwerk ist eine filigrane, materialsparende Konstruktion aus gebogenen Brettschichtholzträgern (Leimbinder) mit Zugbändern aus Stahl im Wechsel mit PVC-Membranflächen. Die seitlichen Außenwände der einzelnen Module werden als Sichtmauerwerk mit wiederverwendeten Mauerwerksziegeln ausgeführt. Sie sind begrünt, ebenso wie die Holzdachflächen. Die Nutzfläche der einzelnen Module wird stützenfrei ausgeführt, sodass eine ungehinderte Ein- und Ausfahrt der Busse möglich ist.


Holz: leicht und sparsam

Im Brandfall bewahrt die Holzkonstruktion ihre statische Funktion länger bei als tragende Stahlbauteile. Holz ist nicht elektrisch leitend, Kurzschlüsse können nicht weitergetragen werden. Außerdem verbrauchen die Produktion und Wiederverwertung von Holz weitaus weniger Energie als die von Metall. Der Einsatz der wiederverwendeten Ziegelsteine ist aufwändig, spart allerdings Energie und Rohstoffe. So kann der CO2-Fußabdruck noch weiter reduziert werden. Das Holzdach wird begrünt und mit einer Photovoltaikanlage (mit einer geplanten Anlagenleistung von 606,9 kWp) ausgestattet, die ebenfalls von sbp geplant wird. Die Gesamtkonstruktion wird damit ökologischen, nachhaltigen und ästhetischen Zielen und Vorgaben gerecht. Regenwasserspeicherung und Begrünung tragen außerdem zu einem ausgeglicheneren Kleinklima bei.

Aus dem Brandschutzkonzept und den durchgeführten Brandschutzsimulationen wurde eine möglichst offene Konstruktion angestrebt, bei der im Brandfall oder im Falle eines Hitzeereignisses Rauch und Hitze nach oben entweichen können. Aus diesem Grund besteht ein Teil des Wetterschutzes der Anlage aus einer Membran, die sich zwischen den Holzbögen spannt. Unter starker Hitzeeinwirkung würden zunächst die Membran-Nähte schmelzen, woraufhin die vorgespannte Membranfläche aufreißt. Durch die so entstehenden Öffnungen können Rauch und Wärme entweichen. Brandgase sammeln sich so nicht unter der Dachfläche des gesamten Bauwerks, sondern können pro Modul direkt nach oben entweichen. Mit diesen baulichen Maßnahmen soll verhindert werden, dass ein Brand auf die gesamte Abstellanlage übergreift.

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Nachladung mittels Pantografen

Die Anlage überdacht insgesamt rund 11 000 m² Abstellfläche. Unterhalb der Überdachung sind Träger für Kabeltrassen, Beleuchtung und Ladeinfrastruktur vorgesehen, die perspektivisch auch weitere Technik aufnehmen könnten. Das elektrische Aufladen der Busse erfolgt über Pantografen, die unter der Dachkonstruktion aufgehängt sind und sich zu dem darunter abgestellten Bus absenken (Toplader). Damit je nach Bustyp und Busflotte die Pantografen zukünftig auch in Längsrichtung versetzt werden können, sind die Pantografen an Trägerschienen angebracht, die ebenfalls in Längsrichtung verlaufen. Für den Fall, dass die E-Busse per Stecker statt per Pantograf mit Netzstrom (Erhaltungsladung) versorgt werden soll, wird es an einigen Aufstellpositionen zusätzlich Netzstecker geben. Auch deren Anschluss wird von der Dachkonstruktion abgehängt, sodass die Kabel weder auf dem Boden noch innerhalb der Fahrgassen im Weg sind. Dadurch werden mechanische Unfallgefahren und Stolperfallen vermieden, ebenso eine mechanische Beschädigung der Kabel.

Etwa unter einem Drittel der Fläche der Hallenmodule entsteht eine Tiefgarage. Sie bietet etwa 86 Stellplätze für die Privat-Pkw von Mitarbeitenden der SSB inklusive der 30 Stellplätze für die Fahrzeuge des On-Demand-Mobilitätsdienstes SSB Flex. Beginn und Ende des Schichtdienstes für die Mitarbeitenden im Busfahrdienst liegen jeweils tief in der Nacht. Die Tiefgarage vermeidet Platzprobleme auf dem Gelände des Betriebshofes und bietet zudem Platz für Fahrräder und Motorräder.

Die Vorarbeiten für das neue Bauwerk haben begonnen. Der Tief- und Rohbau soll im Frühjahr 2024 starten, der Rohbau der südlichen Hälfte etwa bis Jahresende 2024 abgeschlossen sein. Im Frühjahr 2025 sollen die ersten Hallenmodule nutzbar sein, das betrifft auch die elektrische Lademöglichkeit zur Über-Nacht-Ladung von Bussen mit Batterieantrieb. Die vollständige Fertigstellung des Gesamtbauwerks wird auf Frühjahr 2026 angestrebt.